«Fluchtbar»
Festivalzentrum Musikfestival Bern
Flüchtige Materie, diese Musik! Kaum will man sie greifen, macht sie sich wellenförmig auf und davon. Das Festivalzentrum kreist um den Fluchtpunkt Musik, kommt ihr mit Spätkonzerten und Wortbeiträgen begreifend und erfahrend auf die Spur.
Markante Eckpunkte
Geleitet vom Artist in Residence Khaled Arman knüpft das Ensemble Kaboul, eine im Exil in Genf lebende Gruppe, mit traditioneller Musik aus Afghanistan eine starke Bindung zu ihrem ur-eigenen, geflüchteten Land. Die Hintergründe werden im Dokumentarfilm «L’ensemble Kaboul en Exil» sichtbar und in einem Gespräch zwischen Britta Sweers, Professorin für kulturelle Anthropologie der Musik an der Universität Bern, und Khaled Arman vertieft.
Die Berner Balkan Brass Band Traktorkestar flüchtet seelisch («iz duše» = aus der Seele, der Titel ihrer neuen CD) in frisch-frecher Form in fremde Musiken. Ein Abschlussabend (in der Dampfzentrale!), der direkt in die Beine fährt ...
Phänomen Fuge
Unflüchtig fix wie sich das Thema «d-a-f-d-cis-d-e-f ...» als Substrat der Fuge schlechthin in unseren Köpfen manifestiert, obwohl es per definitionem dazu verknurrt ist, verfolgt zu werden, auf der Flucht vor sich selber zu sein. Dirk Börner spielt auf dem Clavichord, welches durch seine geringe Dezibelzahl eine Flucht nach innen aufdrängt, Fugen aus der Bachschen «Kunst der Fuge». Flucht nach aussen betreibt Marc Stucki mit seinen Mitmusikern: Material aus der «Kunst der Fuge» fugen sie all’improvviso neu zusammen. Mit dem Kontrapunkt zur Flucht, der Heimat, und dem ‹Jedermann-Fuge-Kanon› aus dem reichen Fundus der Volkslieder beschäftigt sich das Vokalensemble URBÄRN – mitsingen nicht ausgeschlossen! Und der mehrfach ausgezeichntete Pianist Kirill Zvegintsov spielt sämtliche Präludien und Fugen von Schostakowitsch – drei Stunden «gebannte Musik»!
Und weiter ...
Eine Gesprächsrunde, welche Musik im Spannungsfeld geographischer und identitärer Fluchten und Heimaten beleuchtet; die Autorin Erica Pedretti, die zeigt, dass Sprache vielfach zum Medium wird, in dem Gefühle der Fremdheit und der inneren Isolation gemeistert werden; schliesslich – das eine ganz besondere Empfehlung – Prof. Dr. Peter Gülke, als Dirigent und Musikwissenschaftler in Bern bestens bekannt, der in seinem Vortrag die Musik als Phänomen zwischen Zaubergift und tönender Mathematik in den Fokus nimmt. Wer könnte das glaubhafter als der Autor des Buches «Fluchtpunkt Musik»?
Wo
Das Festivalzentrum ist im Foyer des Stadttheaters Bern (Donnerstag, 8. September bis Freitag, 16. September) und in der Dampfzentrale Bern (Samstag, 17. September) beheimatet.
Wann
Das Festivalzentrum ist jeweils eine halbe Stunde vor Beginn der hier stattfindenden Veranstaltungen und täglich ab 21.15 Uhr geöffnet.
Was
Barbetrieb, Spätkonzerte und Wortbeiträge (gemäss nachfolgendem Programm).
Wer
Matthias Kuhn (Künstlerische Leitung) und Anna Bucher (Raumgestaltung) in Zusammenarbeit mit den beteiligten Musiker/innen und Vermittler/innen.
«Flucht» – Veranstaltungen im Festivalzentrum
Donnerstag, 08. September, 22.00 Uhr: Spätkonzert Ensemble Kaboul
Freitag, 09. September, 18.00 Uhr: Film und Gespräch «L’ensemble Kaboul en Exil»
Samstag, 10. September, 22.00 Uhr: Spätkonzert «Wenn eine tannigi Hose het – die Jedermann-Fuge»
Montag, 12. September, 18.00 Uhr: Ringvorlesung «Flucht in die Sprache»
Dienstag, 13. September, 18.00 Uhr: Vortrag «Musik – zwischen Zaubergift und tönender Mathematik, Gefühlsschwemme und Fuge»
Dienstag, 13. September, 22.00 Uhr: Spätkonzert «Flucht nach vorne»
Mittwoch, 14. September, 18.00 Uhr: Präsentation und Gespräch «Auf der Flucht»
Donnerstag, 15. September, 18.00 Uhr: Gesprächsrunde «Was der Mensch fliehen will, das bringt er mit an den Ort, an den er flieht.»
Donnerstag, 15. September, 22.00 Uhr: Spätkonzert «Flucht nach innen»
Freitag, 16. September, 22.00 Uhr: Spätkonzert «Gebannte Musik»
Samstag, 17. September, 22.00 Uhr: Spätkonzert und Tanz Traktorkestar