Arditti-Quartett – Ensemble in Residence
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1/1Bild: Lukas Beck

In den 60er Jahren sei die Gattung Streichquartett für die Neue Musik tot gewesen, meinte einst Pierre Boulez. Tatsächlich entstanden relativ wenige Stücke für diese Besetzung. Spätestens seit den 70er Jahren jedoch hat sich das geändert. Schuld daran ist ganz wesentlich das Arditti-Quartett aus London. Seit seiner Gründung 1974 ist das Quartettspiel nicht mehr, was es einmal war: nicht mehr nur jenes etwas gutbürgerliche Gespräch zwischen vier gescheiten Leuten, sondern ein Ort des Experiments, des Wagnisses und der Virtuosität. Sie setzen auf kompositorische Vielschichtigkeit und beherrschen das Komplexeste, das Schwierigste vom Schwierigen.

«Das ermutigt die Komponisten, sich frei zu fühlen, frei zu schreiben, was sie wollen, ohne sich darum kümmern zu müssen, ob es auch spielbar ist», sagt der Gründer Irvine Arditti. Kontinuierlich wie kaum ein anderes Ensemble hat sich das Quartett für die Neue Musik eingesetzt. Über die Jahrzehnte hat sich sehr wenig an dieser Zielsetzung geändert. Den Wunsch von Veranstaltern, mehr klassische Stücke zu spielen, weist es konstant zurück. Neue Musik sei erfüllend genug. Mit diesem totalen Engagement aber hat es das Repertoire enorm bereichert. «Damals waren wir einzigartig. Die Leute wollten keine Quartette mehr schreiben. Es gab vielleicht zwanzig, dreissig neuere Stücke, heute sind es weit über tausend. Wir haben eine Tradition für das Streichquartett kreiert, wir haben dem Quartett ein neues Gesicht gegeben. Das ist das wichtigste, was wir erreicht haben.» Und jedes Jahr spielen die Unermüdlichen weitere Uraufführungen. Die Spannbreite ist riesig, reicht vom stillen Nono-Quartett, das wir letztes Jahr in Bern hörten, bis zu den Geräuschen eines Iannis Xenakis. Gilt ein Werk als «unspielbar», dürfte das gerade die richtige Herausforderung für die Ardittis sein. Man kann von den Ardittis alles verlangen – fast alles: «Wir haben sehr schöne italienische Instrumente, und die möchte ich nicht beschädigen.»

Zurückblicken mag Irvine Arditti nicht, auch wenn er stolz auf das Erreichte ist. «Ich mache lieber weiter. Normalerweise interessiert uns die Gegenwart und die Zukunft, denn wir denken ständig über Projekte nach, die noch ungeschrieben sind. So funktioniert das Arditti-Quartett im Wesentlichen.»