Toshio Hosokawa – Composer in Residence
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1/1Bild: Kaz Ishikawa

Als er damals für das Kompositionsstudium zu Klaus Huber nach Freiburg i.Br. kam, wollte er den westlichen Stil kennenlernen. Sein Lehrer jedoch fragte ihn nach der Musik in seiner Heimat und veränderte so seine Blickrichtung. Danach kehrte er mit dem Vorsatz zurück, die japanische Hofmusik Gagaku zu studieren. Anfang der 80er Jahre begann sich Toshio Hosokawa wieder für die japanische Kultur zu interessieren.

Für den jungen Japaner, der 1955 in Hiroshima geboren wurde und in der europäischen Tradition, also am Klavier mit Mozart und Beethoven aufwuchs, war das ein zentraler Impuls. Seither beschäftigt er sich intensiv mit der Geschichte und der Landschaft Japans. So hat er in seiner Musik häufig weite musikalische «Landscapes» entworfen, durchaus mit Vögeln und Sonnenaufgängen, denn in den Naturstimmungen spiegeln sich die Gefühle.

Er sucht Wurzeln in der Vergangenheit und greift in seiner Musik lieber zu alten japanischen Instrumenten als zu neuer Technologie. Nicht, dass Hosokawa europäische Einflüsse verdrängen würde, aber er lebt in zwei verschiedenen Welten. Verschmelzen will er Europäisches und Japanisches nicht. «Wichtig ist, beide Kulturen noch tiefer kennenzulernen – und meinen eigenen Weg zu finden.» In Europa lernte er Musik als Objekt zu behandeln und wie ein Architekt Musik zu bauen. Aber die Intuition aus dem Unterricht beim Koreaner Isang Yun ist ihm geblieben. «Obwohl ich immer die Absicht hatte, die Musik methodisch anzugehen, habe ich sie schliesslich doch eher intuitiv erfasst.»

Zenbuddhistische Rituale spielen mittlerweile eine starke Rolle, denn es ist auch ein Weg hin zu einer Spiritualität: «Musik ist kein Ausdruck von menschlichem Gefühl, sondern tiefer.» sagt Toshio Hosokawa. Es gehe darum, Ki, die Urkraft des Kosmos, auszudrücken – ein gutes Ki übrigens, denn ein schlechtes Ki mache krank. «In meiner Musik möchte ich in erster Linie gehaltvolle, das heisst tiefe, gute Töne hören.» Dahinter steht der Wunsch, mit der Natur eins zu werden. Aber dieses Einswerden sieht er heute auch bedroht, deshalb treibt ihn so heftig um, was in den letzten Jahren etwa in Fukushima geschehen ist. Seine Opern legen Zeugnis darüber ab.

Update: Aufgrund der aktuellen Situation (Corona) wird Toshio Hosokawa leider nicht nach Bern Reisen können. Er wird mit einer Videobotschaft, einem vorgelesenen Vortrag und in seinen Werken dennoch am Festival präsent sein.